Beratung für Kinder mit Sprachauffälligkeiten

Der Spracherwerb (mündliche Sprache) stellt eine fundamentale und notwendige Voraussetzung für den Erwerb der Schriftsprache (Lesen und Schreiben) dar. Diese Beziehung lässt sich anhand mehrerer zentraler Aspekte erklären:

1. Phonologisches Bewusstsein 

Die gesprochene Sprache entwickelt das phonologische Bewusstsein – die Fähigkeit, Sprache in kleinere Einheiten wie Sätze, Wörter, Silben und schließlich einzelne Laute (Phoneme) zu zerlegen. Kinder müssen in der Lage sein, Laute zu hören, zu identifizieren und zu manipulieren, bevor sie diesen Lauten Symbole (Buchstaben) zuordnen können. Schwierigkeiten in der Aussprache oder im Hörverständnis können direkt zu Problemen beim Lesen- und Schreibenlernen führen. 

2. Wortschatz und Sprachverständnis

Der Umfang des aktiven und passiven Wortschatzes, den ein Kind durch Hören und Sprechen erwirbt, beeinflusst maßgeblich das Leseverständnis. Beim Lesen muss das Kind nicht nur die geschriebenen Wörter entschlüsseln, sondern auch deren Bedeutung kennen, um den Sinn eines Satzes oder Textes zu erfassen. Ein reichhaltiger mündlicher Wortschatz erleichtert diesen Prozess. 

3. Grammatik und Satzbau

Durch das Sprechen verinnerlichen Kinder die Regeln der Grammatik und des Satzbaus. Dieses Wissen wenden sie später beim Schreiben an, um verständliche und korrekte Sätze zu bilden, und beim Lesen, um die Struktur komplexer Sätze zu verstehen. 

4. Metasprachliche Fähigkeiten

Die Auseinandersetzung mit der gesprochenen Sprache fördert metasprachliche Fähigkeiten – die Fähigkeit, über Sprache nachzudenken und sie bewusst zu nutzen. Dies ist entscheidend für den Übergang zur Abstraktion der Schriftsprache. 

Zusammenfassend lässt sich sagen: Eine starke Basis in der mündlichen Kommunikation ist daher ein wesentlicher Punkt, den Erfolg beim Lesen- und Schreibenlernen vorherzusagen.


SPRACHENTWICKLUNG

Mit vier bis fünf Jahren sollte die Sprachentwicklung zunächst weitgehend abgeschlossen sein.
Ein Kind sollte in einfachen Sätzen gut und verständlich sprechen können.
Der Hinweis „Das gibt sich noch“ darf Sie nicht beruhigen, wenn gut gemeinte Übungen nicht die erhofften Besserungen bringen.

Ein Kind, das mit drei Jahren noch nicht spricht oder dessen Aussprache mit fünf Jahren noch fehlerhaft ist, sollte einer Fachkraft vorgestellt werden.


Phasen und Meilensteine der Sprachentwicklung

Die Entwicklung der Sprache lässt sich grob in folgende Phasen einteilen: 

  • 0 bis 1 Jahr (Vorsprachliche Phase): Erste Laute, Gurren, Lallen und Silbenketten wie „bababa“ (vom Hören gesteuert). Das Kind ahmt bewusst Laute nach etwa 3 Monaten nach.
  • 1 bis 1,5 Jahre (Ein-Wort-Phase): Das Kind spricht erste, klar verständliche Wörter (z.B. „Mama“, „Ball“). Es versteht einfache Aufforderungen und verwendet Gestik.
  • 1,5 bis 2 Jahre (Zwei- und Mehrwort-Phase): Es werden Zwei-Wort-Sätze gebildet (z.B. „Ball haben“). Der aktive Wortschatz umfasst bei Zweijährigen typischerweise mindestens 50 Wörter; Kinder mit weniger Wörtern gelten als „Late Talker“.
  • 2 bis 3 Jahre (Grammatikerwerb): Der Wortschatz wächst schnell (300-1000 Wörter mit 3 Jahren), und das Kind beginnt, einfache Sätze und Personalpronomen zu verwenden.
  • 3 bis 4 Jahre (Ausbau der Sprache): Sätze werden länger und komplexer. Viele Laute, wie w, f, k, t, werden beherrscht, während schwierigere Zischlaute (s, sch) noch in Entwicklung sein können.
  • 5 bis 6 Jahre (Abschluss der Lautbildung): Die Lautbildung wird weitgehend abgeschlossen, und das Kind verwendet korrekte Grammatik sowie Nebensätze. Die Sprachentwicklung ist nun fast vollständig abgeschlossen. 

Tipps zur Förderung der Sprachentwicklung

Eltern können die Sprachentwicklung ihres Kindes spielerisch im Alltag unterstützen: 

  • Viel sprechen und zuhören: Begleiten Sie Handlungen im Alltag mit Worten und Sätzen.
  • Blickkontakt halten: Achten Sie auf Mimik und Gestik und ermutigen Sie Ihr Kind zum Nachahmen.
  • Vorlesen und Singen: Tägliches gemeinsames Betrachten von Kinderbüchern und Singen sind sehr wirksame Methoden.
  • Geduld haben: Lassen Sie Ihr Kind aussprechen und zeigen Sie Interesse an dem, was es Ihnen mitteilen möchte, nicht nur wie es etwas formuliert.
  • Richtiges Feedback: Anstatt das Kind direkt zu korrigieren, können Sie „korrektives Feedback“ nutzen, indem Sie den Satz grammatikalisch richtig wiederholen (z.B. Kind: „Auto fahren“; Elternteil: „Ja, wir fahren mit dem Auto“).

Störungen der Sprachentwicklung

sind keineswegs selten und treten in verschiedenen Formen auf und sollten somit so früh wie möglich erkannt werden, um geeignete Maßnahmen einzuleiten.

Zum Beispiel:

  • Lautbildungsfehler:
    Viele Wörter werden falsch, undeutlich oder unvollständig gesprochen. „Bume“ statt „Blume“, „Taffe“ statt „Kaffee“ sind Beispiele für diese Störung.
  • Satzbildungsfehler:
    Es werden Sätze verdreht, d.h. die gebräuchliche Wortfolge innerhalb eines Satzes wird verändert. Für den Außenstehenden ist die Sprache oft kaum verständlich.
  • Entwicklungsbedingtes Stottern:
    Trotz einer normalen Sprachentwicklung bis zum dritten oder vierten Lebensjahr beginnen manche Kinder plötzlich Laute und Silben in auffälliger Weise zu wiederholen. Die Verzögerungen im Redefluss entstehen, weil der Mitteilungsdrang des Kindes in diesem Alter so groß ist, dass Denkgeschwindigkeit und Sprechfertigkeit nicht immer Schritt halten können.

Untersuchungen haben ergeben, dass etwa 20 Prozent aller Schulanfänger noch Sprachauffälligkeiten zeigen.
Diese Kinder sind ihren Mitschülerinnen und Mitschülern gegenüber benachteiligt.
Außerdem können Schwierigkeiten beim Lesen- und Schreibenlernen zu auftreten.


Bei Verdacht auf eine Sprachstörung können sich Eltern an unsere Abteilung für Sprachheilpädagogik wenden und einen Beratungstermin vereinbaren.

Wir erfragen auch den Sprachstand im letzen Jahr vor der Schule in einigen Kitas und bei den Schuleingangsgesprächen in den Grundschulen in Geesthacht und Umgebung und machen den Eltern dann Angebote für eine genauere Diagnose und Beratung.
Eine Überprüfung des Sprachstatus ist kostenlos.
Für Kinder, bei denen Sprachheilunterricht notwendig ist, bieten wir Sprachtherapie und Beratung an.
Die Plätze werden nach Dringlichkeit vergeben. In gravierenden Fällen verweisen wir Sie mit Ihrem Kind an eine logopädische Praxis.

Wenn Sie sich Sorgen um die Sprachentwicklung Ihres Kindes machen, melden Sie sich gerne zu einem Beratungstermin an, evtl. können wir Sie derzeit evtl. nur an weitere Beratungsmöglichkeiten verweisen, da nur noch wenige Sonderschullehrkräfte mit der Fachrichtung Sprachheilpädagogik tätig sind. In Geesthacht gibt es inzwischen ein ambulantes Angebot über die Vitreaklinik.

https://www.vitrea-gesundheit.de/reha/geesthacht/ihre-reha-bei-uns/sprachentwicklungsstoerungen/
Für diesen externen Link können wir jedoch keine Gewährleistung übernehmen.

Hier finden Sie unsere Elterninformation in schriftlicher Form:
Faltblatt Beratungs- und Therapieangebote bei Sprachstörungen

Bei noch fehlendem Wortschatz in der deutschen Sprache können die Kinder bei der zuständigen Grundschule evtl. ein SPRINT-Angebot vor der Einschulung anfragen.

Kinder mit ausschließlich deutlichen Sprachentwicklungsverzögerungen können die ersten Grundschuljahre auf Antrag auch in einer zentralen Sprachheilklasse in Breitenfelde absolvieren. (Sprich-Mit).


FÖRDERZENTRUM GEESTHACHT
Abteilung für Sprachheilpädagogik
Neuer Krug 33-35
21502 Geesthacht
Tel.: 04152/842313; Fax 04152/83063


Ganzheitliche Sprachtherapie – Lernen mit allen Sinnen

HÖREN – SEHEN -TASTEN

Im Rahmen einer spielerischen, bewegungsorientierten Sprachförderung werden basale Wahrnehmungsfunktionen geschult und die senso-motorische Integration unterstützt.
Auf der Grundlage des kindlichen Vorstellungsvermögens werden unter Berücksichtigung sprachrelevanter Wahrnehmungsbereiche (Hören, Sehen, Tasten) therapeutische Maßnahmen (z.B. mundmotorische oder rhythmisch-musikalische Übungen) in fantasievolle Handlungs- oder Spielideen eingearbeitet.
So wird ein für Kinder attraktiver, nachahmenswerter Rahmen geschaffen. Sprachheilpädagogische Arbeit wird als Teil der spielerischen Handlung und nicht als Übung empfunden.

Ziele der Sprachtherapie

  • Sprachstörungen mindern und überwinden helfen
  • Schriftsprachstörungen vorbeugen
  • psychische Folgebehinderungen verhindern


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